Geht die Gemeinde glaubwürdig mit ihren Bürgern um?

Sollen und können wir es uns leisten, uns verschaukeln zu lassen?

4 Lügen in 5 Sätzen!

Ein alter Grundsatz lautet, dass gerade in der Politik nicht immer ganz ehrlich gesprochen wird und die Wahrheit gerne mal etwas gebogen wird. Eine politische Lüge braucht aber auch immer den Bürger, der diese Lüge glaubt. Das ist in der folgenden Geschichte allerdings alles andere als einfach.

Am 23.10. 2020 erscheint in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ein bemerkenswerter Artikel, in dem sich die Gemeinde zu auffallend offenen Fenstern im Schulzentrum äußert:

 „Gemeinde testet Lüftungskonzept für Schulzentrum

Die Herbstferien hat die Gemeinde genutzt, um ein Lüftungskonzept für das Schulzentrum in Mellendorf zu konzipieren. Passanten und Besucher des benachbarten Rathauses hatten sich in den vergangenen Tagen gewundert, warum in dem Schulgebäude phasenweise die Fenster weit geöffnet standen – ohne Unterrichtsbetrieb. Der Grund: Die Räume wurden durchgelüftet – eine Vorkehrung, um der Verbreitung des Coronavirus vorzubeugen, erklärt Gemeindesprecher Magnus Wurm. Gleichzeitig würden allerdings nicht alle Fenster geöffnet, damit das Gebäude nicht auskühlt. Außerdem: Wie in jedem Haushalt müssten auch auf dem Campus W manchmal Fenster geputzt werden.“

https://www.haz.de/Umland/Wedemark/Corona-Wedemark-testet-Lueftung-im-Schulzentrum

Dieser Ausschnitt des Artikels enthält tatsächlich 4 Lügen in 5 Sätzen:

Behauptet wird: „Die Herbstferien hat die Gemeinde genutzt, um ein Lüftungskonzept für das Schulzentrum in Mellendorf zu konzipieren.“

Wahr ist: Es wurde in den Herbstferien kein Lüftungskonzept für das Schulzentrum erarbeitet.

Behauptet wird: „Die Räume wurden durchgelüftet – eine Vorkehrung, um der Verbreitung des Coronavirus vorzubeugen, erklärt Gemeindesprecher Magnus Wurm.“

Wahr ist: Es wurde nicht „das Gebäude“ gelüftet, sondern nur die 6 Räume, in denen später gemessen wurde. Außerdem ergibt eine Lüftung eines ungenutzten Gebäudes zur Corona-Prävention in der Mitte der Ferien, also 10 Tage nach der letzten bzw. vor einer erneuten Nutzung auch gar keinen Sinn. Ein Zusammenhang mit Corona und den geöffneten Fenstern ist vollkommen unglaubwürdig.

Behauptet wird: „Gleichzeitig würden allerdings nicht alle Fenster geöffnet, damit das Gebäude nicht auskühlt.“

Wahr ist: Durch das Lüften über mehrere Stunden bei niedrigen Außentemperaturen wurde genau das in den 6 Messräumen herbeigeführt. Gemessen wurden z.B. 7,1°C auf einer Schreibtischplatte.

 Behauptet wird: „Außerdem: Wie in jedem Haushalt müssten auch auf dem Campus W manchmal Fenster geputzt werden.“

Wahr ist: Die Fenster wurden tatsächlich geputzt, allerdings ohne dabei die Fenster zu öffnen: Die Außenreinigung der Fenster erfolgte durch die Firma Haster mit einer Arbeitsbühne von außen. Der dazu genutzte orangefarbene Kran ist in der Fotodokumentation teilweise deutlich zu erkennen.

Schlechte Kommunikation oder doch einfach gelogen?

Diese vier allesamt unwahren Behauptungen lassen sich sicherlich nicht mit misslungener Kommunikation mit einem Redakteur der Zeitung durch einen Mitarbeiter der Gemeinde erklären. Dagegen sprechen die genannte Menge an Begründungen sowie die genannten Details, aber auch die hier zitierte Quelle selbst: Diese Aussagen kommen direkt vom Referenten des Bürgermeisters, Herrn Magnus Wurm – schwer vorstellbar, dass der sich zu diesem Thema ohne Rücksprache mit seinem Chef oder dem zuständigen Fachbereich mal eben so äußert.

Man muss also davon ausgehen, dass die Äußerungen mit dem Bürgermeister abgesprochen waren, zumindest aber mit seiner Kenntnis getätigt wurden.

Warum muss man seine Bürger an dieser Stelle so dreist belügen?

Dass man in der Führungs-Etage der selbsternannten „Wohlfühlgemeinde“ und zertifizierten „Kinderfreundlichen Kommune“ solche Tricks und Vorgehensweisen für nötig hält, gerade wenn es um Kinder geht, also um die Personen, die sich am wenigsten wehren können, finde ich sehr bedenklich und es macht mich traurig.

Eigentlich müsste man die Verantwortlichen an dieser Stelle um eine ausführliche Erklärung bitten. Für beides natürlich: Die offenen Fenster und die Notwendigkeit solch seltsamer Begründungsversuche.

Ankündigung des Gymnasiums

Auf keinen Fall möchte ich die Schulleitung des Gymnasiums mit Unwahrheiten oder Lügen in Verbindung bringen. Die geben sicherlich ihr Bestes und werden ja auch immer nur durch die Gemeindeverwaltung informiert.

Das Gymnasium kündigt die bevorstehenden Messungen am 01.10.2020 in der wöchentlichen Hauspost, die an alle Eltern verschickt wird, an.

Diese Ankündigung belegt, dass man im Vorfeld der Messungen zwischen Schule und Gemeindeverwaltung über das Thema Lüften gesprochen haben muss und der Verwaltung die Sensibilität dieses Themas im Vorfeld bereits bewusst gewesen sein muss.

In der Hauspost heißt es:

Raumluftmessung in den Herbstferien

In den Räumen 3.017, 1.038 und im Lehrerzimmer werden in den Herbstferien Raumluftmessungen vorgenommen. Es sind die Ferien gewählt worden, um die Luftqualität in den Räumen ohne Schulbetrieb (u.a. Lüften) zu messen.

Der hier enthaltene Hinweis auf das Lüften lässt mich, gerade mit dem Wissen um die tatsächlichen Lüftungsaktivitäten, jedenfalls einigermaßen ratlos zurück.

Heißt das nun, dass man in den Ferien messen kann, ohne lüften zu müssen? Oder dass man die ganzen Ferien ungestört herumlüften kann, weil es dann keiner merkt? Oder soll das heißen, dass die Messungen nicht durch unterrichtsbedingte Lüftungen gestört werden? – so richtig verstanden habe ich das nicht…

„Der erste Schritt ist einfach: Die Wahrheit sagen und die Unterlagen veröffentlichen.“

Initiator Thorsten Rose

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